11 Mrz Weltenwanderer
Von Stephanie Sommerfeld
Die Fondation Cartier in Paris ist eine der Topadressen, wenn es um zeitgenössische Kunst geht. In einer umfassenden Ausstellung widmet sich das Museum derzeit zwei Künstlern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die reale Welt ins Digitale zu übersetzen: Sarah Sze & Artavazd Pelechian.
Kunst als Plattform für unsere Reflektion und Gedanken wird immer dann intensiv spürbar , wenn sie den Nerv den Zeit trifft und wie gerade jetzt eine spürbar neue und dynamische Relevanz erhält. Damit haben die Kuratoren der Fondation Cartier erneut ein feines Händchen bewiesen.
Sarah Sze ist eine amerikanische Bildhauerin und Installationskünstlerin mit chinesischen Wurzeln, die vor allem durch ihre überdimensionalen, futuristischen Skulpturen bekannt ist. Nach ihrem Abschluss an der Yale University mit summa cum laude 1991 begann sie, aus gefundenen Objekten des alltäglichen Lebens multimediale Kunstwerke zu erschaffen, die der Erdanziehung zu trotzen scheinen und dem Betrachter viel Raum für Interpretationen schaffen. Ihre Installationen, welche stark vom Kubismus, russischen Konstruktivismus sowie den Futuristen beeinflusst sind, wurden bereits auf der Biennale in Venedig, im Massachusetts Institute of Technology und der High Line in ihrer Wahlheimat New York ausgestellt. Gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren zwei Töchtern lebt Sarahs Sze in New York, wo sie an der Columbia University Visual Arts unterrichtet, wenn sie nicht gerade in ihrem Atelier an einer neuen Skulptur arbeitet.
Szes Arbeiten setzen sich vor allem mit der Rolle von Technologie und Informationen im digitalen Zeitalter auseinander, wobei sie die Grenzen zwischen Gemälde, Skulptur und Architektur gekonnt verschwimmen lässt. Seit fünf Jahren lässt die Künstlerin das Medium Video in ihre Arbeiten einfließen. So auch in ihrer zweiten Ausstellung für die Fondation Cartier in Paris. Unter dem Titel „Night into Day“ präsentiert Sarah Sze ihre Kunst aus matrixartigen Gebilde, Collagen aus technischen Objekten, die die physische mit der digitalen Welt verbinden und so zu multimedialen Kunstwerken verschmelzen. Herzstücke der Ausstellung sind die eigens kreierten Arbeiten „Twice Twilight“ sowie „Tracing Fallen Sky“, mit denen Sze die virtuelle auf die materielle Welt treffen lässt, um somit letztendlich die natürliche Welt darzustellen.
Die Darstellung unserer natürlichen Umwelt, hat sich auch der armenische Filmemacher Artavazd Pelechian zu Aufgabe gemacht. Seine Filme lassen sich als eine Art poetische Sicht auf das Leben beschreiben. Während seiner sechs- bis 60-minütigen Schwarz-Weiß-Filme, arbeitet der Regisseur und Drehbuchautor mit innovativen Montagetechniken, einem Spiel von Distanz und Tiefe, sowie aufwendigen Soundeffekten. Nach seinem Besuch an der Filmhochschule in Moskau, veröffentlichte Pelechian 1975 seinen „Film Seasons“, mit dem er über die Grenzen der damaligen Sowjetunion große Bekanntheit erlangte. Der knapp 30-minütige Dokumentarfilm befasst sich mit der Harmonie zwischen Mensch und Natur. Dabei zeigt Pelechian eine Gemeinschaft armenischer Bauern und deren Beziehung zu ihrer Umwelt, in der sie leben und arbeiten, sowie deren symbiotische Verbindung mit ihr während der Jahreszeiten.
Neben seiner Arbeit als Regisseur, widmete sich Pelechian in zahlreichen Essays und Aufsätzen dem Gebiet der Filmtheorie. Im letzten Jahr erschien sein jüngster Film „La Nature“, der einen starken Kontrast zu seinem 1975 erschienenen Film Seasons darstellt. „La Nature“ zeigt anhand von Videomitschnitten und grandiosen Naturaufnahmen die Zerbrechlichkeit unserer Umwelt und bildet damit eine Art visuelle Elegie zur Überlegenheit der Naturkräfte als Resultat ökologischer Verwüstung durch den Menschen. Zusammengenommen bilden die beiden Filme einen Dialog über die Herausforderungen unserer Zeit. Erkennbar in der Ausstellung durch eine Reihe von Bildern und Archiv-Dokumenten, die das Leben und Werk von Pelechian dokumentieren.
Sarah Sze „Night into Day“ & Artavazd Pelechian „La Nature“
24. Oktober 2021 – 25. April 2021
Fondation Cartier pour l’art contemporain
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